Chronobiologe erklärt Folgen der Schichtarbeit

Schichtarbeit hat weitreichendere Folgen als schlichten Schlafmangel

Von Frank Hertel
31. März 2011

Der Chronobiologe Thomas Kantermann erklärt im Wochenmagazin "Spiegel" die Nachteile der Schichtarbeit. Zunächst weist er darauf hin, dass heute immer mehr Menschen jenseits der Kernzeit arbeiten. Die Kernzeit ist von 9 bis 17 Uhr.

Der Mensch habe eine Innere Uhr, die man auch Zirkadian nenne. Diese Innere Uhr bestimme unsere Tag- und Wach-Phasen. Und das Licht spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Alles kommt aus dem Takt

Im Auge gibt es ein Pigment namens Melanopsin, das das eintreffende Licht in Wach-und Schlaf-Impulse an das Gehirn umwandelt. Ein Schichtarbeiter muss zum Beispiel von 22 Uhr bis sechs Uhr früh arbeiten. Er hat an seinem Arbeitsplatz eine Beleuchtung, die etwa 100 Lux nicht überschreitet. Wenn er morgens aus der Fabrik an die Sonne geht, strahlen ihm aber 10000 Lux entgegen. Sein Zirkadian sendet Wachimpulse ans Gehirn.

Kantermann sagt, dagegen helfen Sonnenbrillen und eine bessere Beleuchtung am Arbeitsplatz. Dann seien bei einem Schichtarbeiter die Essenszeiten gestört. Er nimmt sein "Frühstück" um 18 Uhr ein und sein "Mittagessen" um 12 Uhr nachts. Das führe zu Appetitlosigkeit und Fehlernährung. Hier sollten die Arbeitgeber am Arbeitplatz Salat, Obst und Wasser bereit stellen. Wenn der Schichtarbeiter ab 7 Uhr morgens schläft, ist es draußen und auch in seinem Zimmer viel zu hell und viel zu laut, um gesund schlafen zu können. Dadurch kommte die Innere Uhr ebenfalls durcheinander.

Außerdem habe ein Schichtarbeiter in der Regel auch noch ein aktives Leben am Tag. Zum Beispiel am Wochenende. Für die meisten Schichtarbeiter sei also die "rotierende Schicht" normal, also Daueraktivität.

Die Folgen seien Verdauungsstörungen, Sodbrennen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Magengeschwüre. Außerdem habe die WHO Schichtarbeit 2010 als potentiell krebsauslösend kategorisiert. Kantermann empfiehlt daher den Arbeitgebern, Schichtarbeit nicht mit einem Lohnzuschlag, sondern mit mehr Freizeit zu vergüten.