Eisschnelllauf - Merkmale, Laufstile und Ausrüstung

Dass es beim Eisschnelllauf um Geschwindigkeit geht, das ist auch für den Laien auf den ersten Blick ersichtlich. Allein die Ausrichtung der Sportart auf der zweispurigen Laufbahn lässt erahnen, dass sich der Eisschnelllauf sehr stark vom herkömmlichen Eislaufen unterscheidet. Das einzige Ziel ist die möglichst schnelle Zurücklegung einer bestimmten Strecke in kürzester Zeit und ohne Umwege. Dabei können verschiedene Laufstile angewendet werden. Lesen Sie alles Wissenswerte zum Eisschnelllauf.

Von Kathrin Schramm

Eisschnelllauf - Merkmale und Grundprinzipien

Beim Eisschnelllauf handelt es sich um eine sportlichen Laufdisziplin, die auf Schlittschuhen auf dem Eis ausgetragen wird. Im Wettkampf ermittelt man wie im Laufturnieren der Leichtathletik den schnellsten Läufer.

Um einen störungsfreien Lauf zu garantieren, können nur wenige Läufer gegeneinander antreten. Der paarweise Lauf mit mehreren Durchgängen, die auf einer zweibahnigen Anlage stattfinden, konnte sich dabei durchsetzen.

Wer auf welcher Bahn beginnt, wird per Losverfahren ermittelt. In jeder Runde wird nach etwa 100 Meter über Kreuz die Bahn gewechselt.

Des Weiteren gibt es den Quartettstart, der ab 1.500 Meter Laufdistanz stattfinden kann. In Zweierteams befindet man sich dabei auf der Bahn. Anfangs wird ein Abstand von einer halben Runde zwischen den Paaren eingehalten.

Es starten entweder beide Paare gleichzeitig; dabei sind die Startpunkte um eine halbe Runde versetzt. Oder aber die Paare stehen beide an derselben Linie und das zweite Paar erhält ein Startsignal, sobald das erste Paar eine halbe Runde zurückgelegt hat.

Beim Massenstart erhalten die besonders leistungsstarken Läufern bei der Aufstellung die günstigsten Plätze zum Start. Diejenigen, die vom führenden Teilnehmer überrundet werden, scheiden aus.

Verschiedene Laufstile

Auf den ersten Blick scheint es beim Eisschnelllauf einfach nur gleichförmig immer in eine Richtung zu gehen. Doch der Schein trügt.

Denn die Laufrunden mit ihren langen Geraden und den weiten Kurven erfordern den Einsatz unterschiedlicher Techniken. Auch am Start gibt es eine besondere Technik, mit der schnell und viel Geschwindigkeit aufgenommen wird.

Prinzipiell wird die Vorwärtsbewegung beim Eisschnelllauf durch das Abstoßen mit dem jeweils hinteren Fuß erzielt. Dabei wechseln sich beide Beine ab, ähnlich wie beim Laufen und Gehen, nur dass hier zusätzlich eine sehr lange und ausgedehnte Gleitphase ins Spiel kommt.

Auf der bis zu -30°C kalten Eisfläche bildet sich eine hauchdünne Wasserschicht, die unter dem Druck des Schlittschuhs noch leicht anwächst. So wird der Widerstand beim Fahren verringert und

  • die Geschwindigkeit erhöht.

    Mit der richtigen Fahrtechnik kann die Bildung der Schmelzwasserschicht begünstigt werden. Das Fahren findet größtenteils beinahe in der Hocke statt; so kann der effektivste Abstoß garantiert werden.

    Der Oberkörper muss in dieser Haltung vorgebeugt werden, damit das Gleichgewicht gehalten werden kann. Es wird mit sehr rundem Rücken gelaufen.

    Füße eines Eisschnellläufers
    Füße eines Eisschnellläufers

    In der Startphase

    In der Startphase stehen die Läufer erst aufrecht, nur selten bereits gebückt. Sofort nach Ertönen des Startsignals wird mit vielen schnellen und kurzen Schritten Geschwindigkeit aufgenommen, die erst nach und nach in die Gleitphase übergehen.

    Bei diesem Laufstil werden beide Schuhe seitlich nach außen gedreht, um eine möglichst hohen Widerstand auf dem Eis zu greifen. Dadurch wird der schnelle Antritt ermöglicht.

    Auf der Geraden

    Auf der Geraden stößt sich der Läufer mit beiden Beinen abwechselnd ab. Die Kufe bleibt während des Abstoßens komplett mit der Eisfläche in Kontakt. Der andere Fuß führt die Gleitphase aus.

    Durch das Abwechseln der Beine verläuft die tatsächliche Laufkurve nicht schnurgerade, sondern in kleinen angedeuteten Ellipsen, die für das bloße Auge wie ein Zickzackkurs wirken. Mit dieser Technik wird jedoch die höchste Geschwindigkeit erzielt.

    Beim Kurvenlauf

    Beim Kurvenlauf dagegen findet eine andere Bewegung statt. Der nach vorne kommende Fuß setzt Richtung Innenkurve auf, das heißt, in Fahrtrichtung über Kreuz vor dem gleitenden Fuß.

    Diese Technik nennt man Übersetzen. Sie verhindert, dass die Fliehkräfte den Läufer aus der Kurve tragen.

    Da die Laufrichtung sich nicht ändert, werden die Beine über den ganzen Wettkampf hinweg in den Kurven sehr stark unterschiedlich belastet. Nur wer den Stil des Kurvenlaufs perfekt beherrscht, wird hohe Geschwindigkeiten erzielen können.

  • Erreichte Geschwindigkeiten

    Doch welche Geschwindigkeiten können tatsächlich erzielt werden, und welchen Einfluss hat die Länge der Strecke auf die Geschwindigkeitsentwicklung?

    Distanzen

    Betrachtet man einmal die Distanzen der Eisschnelllauf-Wettbewerbe, so erkennt man schnell, dass es sich bei der 500 Meter Strecke und der 1.000 Meter Strecke um die Sprintdistanzen handelt. Die Mittelstrecken liegen bei 1.500 Metern und 3.000 Metern, während man bei der 10.000 Meter Strecke von der Langdistanz spricht. Wie in jeder Sportart darf man hier nicht den Fehler begehen, die Geschwindigkeiten, die auf den Kurzdistanzen erzielt werden, mit denen über die Langdistanzen zu vergleichen.

    Höchstgeschwindigkeiten

    Die höchsten Geschwindigkeiten - die jeweils im Durchschnitt und nicht in der absoluten Spitze gemessen werden - werden auf der 1.000 Meter Strecke gemessen. Der Grund dafür, dass sie nicht auf der 500 Meter Distanz erzielt werden liegt darin, dass der Anlauf bei beiden Strecken etwa gleich lang ist, und so bei der kürzeren Strecke prozentual mehr ins Gewicht fällt.

    Im Sprint werden Durchschnittsgeschwindigkeiten von knapp über 50 km/h erzielt, unter bestimmten Umständen auch um die 60 km/h. Auf der 1.500 Meter Distanz werden etwa dieselben Geschwindigkeiten erzielt wie auf der 500 Meter Strecke. Ein deutlicher Abfall der Geschwindigkeit zeigt sich jedoch auf den längeren Strecken von 3.000 Metern und 10.000 Metern.

    Historische Entwicklung

    Beobachtet man die Entwicklung der Geschwindigkeiten beim Eisschnelllauf über einen langen Zeitraum hinweg, so kann man ganz deutlich erkennen, dass die Spitzengeschwindigkeiten linear zunehmen. Ein Grenzwert scheint nicht in Sicht zu sein. Seit dem Jahr 1945 zum Beispiel hat sich die Spitzengeschwindigkeit auf der 10.000 Meter Strecke um etwa 25 Prozent erhöht.

    Verbesserungspotenzial

    Das bedeutet, dass das Equipment immer noch genügend Potenzial für Verbesserungen bereit hält. Bei anderen Sportarten, die mit weniger technischer Ausstattung ausgeübt werden, sind die Grenzwerte der menschlichen Leistungsfähigkeit in den meisten Fällen bereits in Sicht oder deutlich erreicht.

    Die richtige Ausrüstung für wenig Luftwiderstand

    Beim Eisschnelllauf spielt die richtige, aerodynamische Kleidung eine wesentliche Rolle. Ebenso wie beim Schwimmen unterscheiden sich die Trainingsanzüge von den Wettkampfanzügen durch einige technische Finessen, die für den Laien nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich sind. Aerodynamische Materialien und Schnitte dominieren den Hochleistungsbereich, aus dem sie mittlerweile nicht mehr weg zu denken sind.

    Wärmeaspekt steht im Hintergrund

    Längst ist die Bekleidung nicht mehr nur auf Kälteschutz und auf Wärmedämmung ausgerichtet. Im Gegenteil: Seitdem die Wettkämpfe nicht mehr auf Natureisbahnen, sondern in Hallen stattfinden, ist Kälte kein wirkliches Argument mehr. Denn der Athlet verbringt selbst bei einem Langstreckenlauf nur eine vergleichsweise kurze Zeit auf dem Eis, in der sein Körper jedoch auf Hochtouren arbeitet und so nur schwer auskühlen kann.

    Dünn und eng anliegend

    So wurden die Anzüge mit der Zeit dünner und dünner, denn wärmende Luftpolster waren nicht mehr notwendig. Dies hatte zur Folge, dass die Anzüge auch zunehmend immer mehr am Körper anliegen, so dass sie inzwischen fast nur noch wie eine Strumpfhose aussehen.

    Ein Eisschnellaufanzug ist - ähnlich einem Neoprenanzug - eine enge Hülle, die den ganzen Körper verpackt. Durch das enge Anliegen entfällt der Luftwiderstand.

    Eine Kopfhaube gibt auch dem Kopf eine aerodynamische Form, und kein fliegendes oder abstehendes Haar kann den Athleten mehr bremsen. So werden Hundertstel von Sekunden errungen, die die Technik zum Erfolg beiträgt.

    Schnitt

    Die Anzüge sind bewegungsfreundlich geschnitten. Das heißt, die Nähte verlaufen zum Teil entlang gewisser Muskelgruppen, um diesen die optimale Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Gleichzeitig übernehmen die Anzüge so eine körper- und muskulaturformende Aufgabe, die sich wiederum positiv auf die Aerodynamik auswirkt.

    Historische Entwicklung

    Wie viele geniale Neuentwicklungen, so hatten es auch die aerodynamischen Anzüge in den 70er Jahren nicht leicht. Ihre Träger wurden vielfach verspottet und belächelt. Der endgültige Durchbruch der Ganzkörperanzüge wurde jedoch bei den Olympischen Spielen 1976 erzielt.

    Ihr Erfinder, der Schweizer Läufer Franz Krienbühl, startete im aerodynamischen Anzug und belegte im sportlichen hohen Alter von 47 Jahren den 8. Platz. Spätestens jetzt wurde die Wettkampfkleidung komplett überdacht und umgestellt.

    Barfuß im Schlittschuh

    Sehr interessant ist es auch, dass die meisten Athleten in ihren Schlittschuhen keine Socken oder Strümpfe tragen. Durch den direkten Kontakt zum Schuh ist für viele Athleten ein besseres Gefühl für das Eis zu erzielen. Das Kantengefühl, das die Auflage und das Einschneiden der Kufen auf dem Eis bewirkt, kann barfuß besser erspürt werden.

    Besonderheiten der Schlittschuhe

    Material

    Die Schlittschuhe der Eisschnellläufer sind meist aus Ziegenleder, manchmal auch aus Kunststoff gefertigt. Sie reichen bis unterhalb des Fußknöchels und sind mit einer Schnürung versehen.

    Eigenschaften der Kufen

    Den Kontakt zum Eis halten die langen Stahlkufen. Sie werden in der Umgangssprache als Brotmesser bezeichnet und sind etwa 45 Zentimeter lang. Ihre Dicke beträgt 0,9 bis 1,2 Millimeter.

    Besondere Aufmerksamkeit verdient der Schliff der Lauffläche: Hier ist ein Planschliff erforderlich, der eine schwache Kurvenführung in der Längsachse verlangt. So wird ein ungestörtes Kurvenlaufen ermöglicht.

    Die typischen Rundungsradien der Kufen betragen zwischen 23 und 27 Metern. Dadurch kann sich der mittlere Bereich einer 40 cm langen Kufe ungefähr einen Millimeter tief ins Eis eingraben. Dies verleiht dem Läufer einen besseren Stand und ermöglicht ein Abstoßen.

    Die Rundungsradien können von Hand nachgeschliffen werden. Die Spitze der Kufen ist aufgerundet, während ihr Endstück nach hinten abfällt.

    Befestigung der Kufen

    Zur Befestigung der Kufen am Schuh dient nach wie vor die traditionelle Bauweise mit einer rohrförmigen Metallkonstruktion. Sie wird als Torpedo bezeichnet und mit Trägern und Halteplatten unter der Schuhsohle befestigt.

    Im Torpedo wird die Kufe fest verankert. Die neueste Technik ermöglicht auch Modelle mit Aluminiumprofilen oder Kunststofffassungen.

    Regelmäßiges Schleifen

    Die Kufen müssen regelmäßig geschliffen werden, um die optimale Funktionsfähigkeit zu erhalten. Dies geschieht von Hand mit einem speziellen Schleifstein. Noch relativ neu auf dem Markt sind die so genannten Klappschlittschuhe, bei der die Kufe beim Anheben des Fußes nach hinten abklappt.

    Diese Technik kann man sich ähnlich dem Skilanglauf vorstellen. Die Kufe verbleibt so länger auf dem Eis und eine höhere Druckwirkung beim Abstoß kann effektiv zu Beschleunigung genutzt werden. Klappkufen werden vor allem im Langstreckenbereich eingesetzt.

    Preis

    • Einfachere Schlittschuhe für den Eisschnelllauf sind im Handel bereits ab 150 EUR erhältlich. Sie eignen sich für das Training und den Breitensport.

    • Klappschlittschuhe mit Kufen dagegen beginnen ungefähr bei 500 EUR. Eine Investition, die sich nur für sehr ambitionierte Athleten auszahlt.

    • Die Schuhe der Eissschnelllaufprofis werden individuell angepasst und kosten daher nicht selten über 2.000 EUR.

    • Matthias Kohl Eisschnellauf, Limpert, 1998, ISBN 3785316038

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