Elektrische Muskelstimulation (EMS) - Merkmale, Wirkung und Risiken

Geräte, die unsere Muskeln durch sanfte Stromschläge künstlich kontrahieren, so genannte EMS-Maschinen, haben Sie vielleicht schon einmal bei einem Arztbesuch gesehen oder sogar angewendet. Man spricht auch von der Elektrischen Muskelstimulation. In den bekannten Home-Shopping-Kanälen werden zudem auch EMS-Geräte beworben, die Ihre Muskeln praktisch beiläufig zum Wachsen und das Fett zum Schmelzen bringen sollen. Wie funktioniert die Elektrische Muskelstimulation, und welche Wirkung bringt sie mit sich? Informieren Sie sich hier.

Von Andreas Hadel

Elektrische Muskelstimulation (EMS) - eine Definition

Bei der so genannten Elektromyostimulation werden die Muskeln während eines 20-minütigen Trainings von außen mit Reizstrom stimuliert und sollen so zusätzlich zum Wachstum angeregt werden. Dazu muss der Sportler eine Art Weste tragen, die wiederum mit speziellen Gurten an Oberarmen, Oberschenkeln und Gesäß verbunden und die mit Kabeln ausgestattet ist.

Einsatzgebiete

In der Rehabilitation, der Physiotherapie und im Profisport wird EMS bereits seit Längerem verwendet, um den Muskelaufbau zu verstärken, doch auch Fitness-Studios haben den Trend für sich erkannt.

Aus medizinischer Sicht sei der Einsatz von Reizstrom beim Work-Out kein Problem, so Experten, allerdings liefert EMS nur dann die gewünschten Resultate, wenn mindestens dreimal pro Woche genau nach Anleitung trainiert werde. Es sei jedoch durchaus auch von Vorteil, wenn sich Couch Potatoes, die bislang gar nichts gemacht hatten, einmal in der Woche zum EMS Work-Out bemühten. Hier ist es schon als Fortschritt zu werten, dass überhaupt wieder eine sportliche Aktivität stattfindet.

Gut zu wissen für Abnehmwillige: EMS ist völlig sinnlos für alle, die im Fitness-Studio Pfunde zum Schmelzen bringen wollen. Da die neuen Muskeln mehr wiegen als das Fett auf den Hüften, zeigt die Waage sogar noch mehr an als vorher.

Vorteil der Elektromyostimulation ist, dass - beispielsweise bei Verletzungen - auch nur die gewünschten Körperpartien trainiert werden können. Für Leistungssportler als Zusatzprogramm oder Diejenigen, die sich nicht gern bewegen, könnte dieses Speedtraining optimal sein. Doch der Preis ist nicht gerade niedrig: Für eine Trainingseinheit à 15 Minuten zahlt man etwa 20 Euro.

Wirkungsweise

Das EMS-Training funktioniert mit Reizstrom, der durch stimulierende Stromimpulse zum Einsatz kommt. In der speziellen Funktionskleidung sind zu diesem Zweck Elektroden eingearbeitet.

Zudem kommen Hüftgurt und Manschetten an den Armen und Beinen zum Einsatz. Die Verkabelung der Kleidung läuft zu einem die Stromimpulse erzeugenden Gerät. Mithilfe eines Reglers lassen sich die Muskelgruppen einzeln ansteuern, wie etwa

  • Schultern
  • Brust
  • Rücken
  • Bauch
  • Arme
  • Beine oder
  • Gesäß.

In der Reha bekommen die Teilnehmer kleine Stromstöße, um den Aufbau einzelner Muskelgruppen anzuregen. Beim EMS-Training wird der gesamte Körper stimuliert. Über einen angefeuchteten Anzug leitet das EMS-Gerät Elektroimpulse an die Muskeln, die sich dadurch zusammenziehen und somit trainiert werden.

Dieser Vorgang soll sogar mehr Wirkung zeigen, als der Gang zu Fitness-Studio. Viele Profisportler, beispielsweise im Boxsport, nutzen dieses Ganzkörpertraining zusätzlich.

Gleichzeitig müssen die Teilnehmer teilweise verschiedene Übungen absolvieren. Vermeintlich einfache Bewegungen erfordern dabei größte Anstrengung. Innerhalb weniger Minuten entsteht so ein maximaler Wachstumsreiz für die Muskulatur.

Die Idee an sich ist nicht neu. Seit den 70er Jahren experimentieren Mediziner und Sportwissenschaftler gleichermaßen mit der Anwendung transkutaner muskulärer Elektromyostimulation (EMS). Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir in den folgenden drei Fragen und Antworten zusammengefasst.

Erhöht EMS die Muskelkraft?

Leider nein, zumindest in keiner direkten Wirkungsweise. Die Muskelkraft hängt in erster Linie vom Muskelquerschnitt, also vom Umfang bzw. der Muskelmasse und von der Kontraktionsfähigkeit ab.

Je trainierter man ist, um so mehr Muskelfasern kann man pro Kontraktion ansprechen. Gerade der zweite Faktor kann allerdings nur durch regelmäßiges Üben und Trainieren verbessert werden.

Eine extern herbeigeführte Anspannung der Muskulatur durch dosierte Stromschläge bringt Ihrem Körper nicht bei, wie er seine Muskeln effektiv kontrahieren kann. Studien und Erfahrungsberichte von Wettkampfbodybuildern haben jedoch gezeigt, dass EMS im geringen Maße die Muskelgröße erhöhen kann. Der Zuwachs ist jedoch relativ klein und nicht mit den Erfolgen vergleichbar, die Sie mit echtem Training erzielen können.

Hilft EMS beim Fettverbrennen?

Auch dieses Werbeversprechen entspringt leider dem Reich der Sagen und Märchen. Der Körper greift nur auf seine Fettreserven als Energiequelle zurück, wenn er tatsächlich Arbeit verrichtet.

Muskelkontraktionen, die von EMS herbeigeführt werden, entstehen jedoch nur wegen des externen Stromschlages. Die körpereigenen bio-chemischen Prozesse werden praktisch umgangen, womit auch keine oder nur kaum Energie verbrannt wird.

Wann ist EMS sinnvoll?

Sofern Sie sich von EMS keine Wunder erhoffen, ist es durchaus nützlich, sich mit den Wirkungsweisen dieser Geräte zu beschäftigen. Im therapeutischen Bereich ist ihre Anwendung seit Jahren unbestritten, wenn es darum geht, Muskelverspannungen zu lockern oder den Muskelzuwachs bei stark geschwächten Patienten während der Rehabilitation zu unterstützen.

Als Sportler können Sie EMS hauptsächlich für die Verkürzung Ihrer Regenerationszeit einsetzen, wenn Sie Muskelkater reduzieren wollen und den Abtransport von Stoffwechsellabfallprodukten, die beim Training entstehen, unterstützen möchten.

EMS wird häufig auch unter dem Begriff "Body Transformer" angeboten...

Funktionsprinzip des Body Transformers

Bei einem herkömmlich Training im Fitnessstudio durchläuft man nach zu nach die einzelnen Stationen, um die unterschiedlichen Muskelgruppen zu trainieren. Aus der Wissenschaft der Trainingseffektivität sollte man hierbei allerdings pro Tag nur maximal zwei große Muskelgruppen trainieren.

Ein zeitintensives Unterfangen, besonders dann, wenn man genetisch nicht unbedingt die Veranlagung zu einer ausgeprägten Muskulatur hat. Der Body Transformer scheint eine revolutionäre Erfindung auf dem Wellness-, Fitness-, Beauty- und Gesundheitsmarkt zu sein.

Die Traumfigur aus der Steckdose. Utopie oder tatsächlich machbar? Grundsätzlich basiert die Idee des Body Transformers darauf, nicht nur einzelne Muskeln zu aktivieren, sondern zeitgleich alle Muskelgruppen. Feinmotorische und feinsensorische Impulse werden durch eine ausgefeilte Technik gesteuert und erlauben dabei die Intensität des Trainings individuell einzustellen.

Ablauf und Einsatzgebiete

Feuchte Kleidung und eine spezielle Weste sind Bestandteil des Trainings mit Stromkraft, da diese die Schwingungen besser auf die Muskelpartien übertragen. Man selbst muss sich während der Behandlung nicht bewegen, anstrengen oder gar schwitzen, allerdings genügen bei Anfänger schon knapp dreißig Minuten, um sich ziemlich platt zu fühlen. Spürbar sind hierbei die Kontraktionen der Muskeln, ungewohnt und anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, doch mit einem recht erfolgreichen Ergebnis.

Neben einer gestiegenen Muskelmasse, kann man mit dem Body Transformer auch gezielt gegen hartnäckige Fettpölsterchen vorgehen, da auch Muskeln aktiviert werden, die man sonst in einem herkömmlichen Training nicht erreichen kann. Auch im Bereich der Prävention, zum Beispiel gegen Rückenschmerzen, sowie nach Unfällen oder langer Krankheit kann der Body Transformer eingesetzt werden. Viele Leistungssportler sind inzwischen von dieser Möglichkeit der Trainingsunterstützung regelrecht begeistert.

Allerdings sich in Sachen Fitness und Figurtraining nur auf das Gerät zu verlassen, wäre der verkehrte Weg, denn ohne zusätzliches Ausdauer- und Krafttraining, sowie eine gesunde Ernährungsweise kann auch der Body Transformer nicht funktionieren. Als unterstützendes Mittel jedoch lohnt es sich durchaus, mit dem Muskelstimulator zu seiner Traumfigur zu gelangen. Ein Versuch ist es allemal wert.

Vier Elektroden kleben auf der rechten Gesichtshälfte eines liegenden Mannes
Vier Elektroden kleben auf der rechten Gesichtshälfte eines liegenden Mannes

Kritik und Risiken durch elektrische Stimulation

Zunächst einmal sollte man sich darüber im Klaren werden, dass die elektrische Muskelstimulation nicht als Sportersatz angesehen werden kann. Zwar kann die Kraft in einem gewissen Umfang gestärkt werden; einen Ausdauertrainingersatz bekommt man hier jedoch nicht.

Experten zufolge ist es für eine zufriedenstellende Wirksamkeit zudem notwendig, bei dem EMS-Training genau die Bewegungen auszuführen, die für eine bestimmte Sportart gestärkt werden sollen. Ein Koordinationstraining ist hier dementsprechend nötig.

Wie effektiv das Training ist, hängt von der Intensität der Muskelkontraktionen ab. Die Kunden im Studio können diese jedoch nicht kontrollieren - Impulsstärke und Dauer der Stromstöße werden vom Trainer eingestellt. Oftmals dreht er den Regler zu hoch.

Die Folge: der Organismus wird extrem überlastet. Die Betroffenen merken dies etwa an Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen. Zu den weiteren möglichen Nebenwirkungen zählen

  • Übelkeit
  • starker Muskelkater
  • das Risiko einer erhöhten Muskelbelastung
  • muskuläres Ungleichgewicht

In extremen Fällen führt die Überanstrengung zum zerstörerischen Abbau der Muskulatur, der so genannten Rhabdomyolyse. Ein Indikator für diesen Prozess ist ein erhöhter CK-Wert im Blut.

Gesunde Menschen haben einen CK-Wert von 100 bis 200 U/l. Nach dem Sport kann er sich etwas erhöhen; als kritische Grenzen gelten 10.00 U/l.

Oberhalb dieses Wertes kursieren im Blut so viele Abbauprodukte aus den Muskeln, dass die Nieren sie nicht mehr ausscheiden können. Organversagen droht. Bei EMS-Teilnehmern wurden bis zu 26.000 U/l gemessen.

Auch die Gelenke können Schaden nehmen, und zwar, weil sie gar nicht erst trainiert werden. Dies kann wiederum aufgrund der Rückbildung von Bindegewebe und Knochen zu Bänderverletzungen führen. Es ist daher unbedingt anzuraten, das EMS-Training lediglich als unterstützendes Workout anzusehen.

Mangelhafte Ausbildung, fehlende Kontrolle

Ein normaler Sportler kann beim Training seine Belastung selbst bestimmen. Im EMS-Studio ist man auf die Kompetenz des Trainers angewiesen.

Der einzelne Teilnehmer kann nicht kontrollieren, ab wann die Stromstöße ihm gefährlich werden. Um ein Übertraining zu verhindern, sollten Interessierte deshalb mit niedrig eingestelltem Strom beginnen und nach jedem Training ihren körperlichen Zustand beobachten.

Ungeeignete Zielgruppen

Man sollte wissen, für wen das EMS-Training nicht geeignet ist. In folgenden Situationen und Fällen sollte man sich dagegen entscheiden: