Verschiedene Disziplinen und Arten - Traditionelles und japanisches Bogenschießen (Kyudo)

Das Bogenschießen beschreibt einen Schießsport, bei dem Pfeil und Bogen zur Anwendung kommen. Im Laufe der Zeit konnten sich verschiedene Disziplinen und Arten des Bogenschießens etablieren; als besonders künstlerische Form gilt dabei Kyudo, das japanische Bogenschießen. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die unterschiedlichen Arten und Disziplinen des Bogenschießens.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Disziplinen des Bogenschießens

Das Bogenschießen feierte in Deutschland seine olympische Wiederauferstehung. Seit den Münchner Sommerspielen im Jahr 1972 gehört es wieder zum festen Programm der Großereignisse und nimmt damit einen Platz ein, den es in der Antike bereits innehatte. Der Sport ist jedoch weit vielfältiger als Spektakel, welches bei Olympia geboten wird - die Disziplinen reichen vom Zielscheiben-Schießen bis zur 3D-Jagd.

Die Outdoor-Disziplinen beim Bogenschießen

Generell unterscheidet man das Bogenschießen nach Outdoor- und Indoor-Disziplinen sowie der Frage, ob einzelne Athleten im K.O.-System gegeneinander antreten (meistens in einem 32er-Starterfeld organisiert) oder sich ganze Mannschaften duellieren.

Die einfachste Outdoor-Variante ist das FITA (Weltbogenschützen-Verband)-Verfahren, welches auch bei den Olympischen Spielen zum Einsatz kommt: Die Teilnehmer schießen zwei Mal je 36 Pfeile auf Scheiben in 70 Meter Entfernung, dann geht es im K.O.-System weiter, wobei der beste der ersten beiden Runde zunächst auf den schlechtesten Schützen trifft, der Zweitbeste auf den Zweitschlechtesten und so weiter.

Recurveschießen

Eine Variation ist das so genannte Recurveschießen. In diesem Fall sind beim Schießen Zielhilfen gestattet. Nach dem FITA-Verfahren werden außerdem die Distanz und die Größe der Zielscheiben variiert.

  • Die Männer feuern nicht nur aus 70 Metern, sondern auch aus 50 und 30 Metern (manchmal auch aus 90 Metern). Die Auflage verjüngt sich dabei von 122 auf 80 Zentimeter.
  • Frauen feuern aus 70, 60, 50 und 30 Metern. Die Größe der Zielscheiben-Auflagen entspricht denen der Männer.

Feldbogen-Disziplin

Outdoor gibt es zudem die so genannte Feldbogen-Disziplin, bei der Zielvorrichtungen und ähnliche Hilfsmittel ausdrücklich gestattet sind. Ansonsten ähnelt sie dem traditionellen Bogenschießen. Immer beliebter wird zudem das 3D-Schießen. Dabei handelt es sich um ein Jagdspiel, bei dem auf Stofftiere, die sich bewegen können, gefeuert wird.

Der Standort des Schützen ist unterschiedlich, genau wie seine Position. So kann stehend oder liegend von einem Hochstand oder aus einer Deckung geschossen werden.

Bogenschießen, Pfeile, im Hintergrund Zielscheiben
Bogenschießen, Pfeile, im Hintergrund Zielscheiben

Disziplinen:

  • FITA-Verfahren
  • Recurveschießen
  • Feldbogen-Disziplin
  • 3D-Schießen
  • Zielscheiben-Schießen
  • Indoor-Disziplinen

Die Indoor-Disziplinen beim Bogenschießen

In Hallen wird in Teams gekämpft und auf Zielscheiben geschossen, die 18 Meter von den Schützen entfernt stehen. In der Regel treten acht Teams pro Turnier an. Jede Mannschaft bestreitet an einem Wettkampftag sieben Duelle zu je 24 Pfeilen. Es treten also alle Teams gegeneinander an, wobei ein Team aus drei Schützen besteht. Ein Match besteht aus vier Passagen, bei denen je sechs Pfeile (folglich zwei Pfeile pro Schütze) innerhalb von zwei Minuten auf die Zielscheiben abgefeuert werden müssen.

Das traditionelle Bogenschießen als "instinktiver Sport"

Es gibt keine saubere Definition, wo genau das traditionelle Bogenschießen endet und die neuzeitliche Variante beginnt. Dies zeigt der Umstand, dass der Ausdruck "instinktives Bogenschießen" häufig deckungsgleich verwendet wird. In diesem Fall sind sämtliche Ziel- und Spannungshilfen untersagt.

Die Zielgenauigkeit beim instinktiven Bogenschießen beruht einzig auf den Erfahrungen und Fertigkeiten, die man im jahrelangen Training erworben hat. Hierbei sind bestimmte Schusstechniken, wie das Stringwalking oder Facewalking, nicht erlaubt.

Andere Sportler, die ein weniger strenges Verständnis vom traditionellen Bogenschießen haben, erklären hingegen, dass man diese Techniken anwenden dürfe, denn es gibt eigentlich keine Einschränkungen bei der Schusshaltung. Traditionelles Bogenschießen beruhe vielmehr auf der Bauweise des Bogens und der Pfeile, die sich an den historischen Vorbildern orientieren muss.

Der Bogen besteht dabei aus Holz und hat nur eine Sehne (häufig als "Naturbogen" bezeichnet, um deutlich zu machen, dass man die Waffe aus Material fertigen muss, das man in der Umwelt vorfindet). Weitere technische Hilfen sind untersagt. Die Pfeile sind ebenfalls aus Holz gefertigt und ihre Spitzen sind aus Metall.

Die üblichen Schusshaltungen beim traditionellen Bogenschießen

Trotz der Tatsache, dass es beim traditionellen Bogenschießen keine Verbote gibt, wie die Waffe kurz vor dem Schuss gehalten werden muss, haben sich doch drei "Griffe" herausgebildet, die meist imitiert werden:

  1. Der mediterrane Griff (auch römischer oder griechischer Griff), bei dem der Zeigefinger über dem Pfeil und Mittel- sowie Ringfinger darunter ruhen
  2. Der Unteranker, bei dem Zeige-, Mittel-, und Ringfinger unter dem Pfeil ruhen (diese Technik wird von der FITA empfohlen und bei ihren Wettkämpfen eingesetzt)
  3. Der mongolische Griff, der in der Regel bei Kompositbögen zum Einsatz kommt: Alle Finger ruhen unter dem Pfeil. Der Daumen greift unterhalb des Nockpunkts der Sehne von innen um diese und verharrt in dieser Position bis zum Auszug.
Bogenschießen, Schütze beim Schuss, im Hintergrund Zielscheiben
Bogenschießen, Schütze beim Schuss, im Hintergrund Zielscheiben

Kyudo - das japanische Bogenschießen

Das Bogenschießen gehört hierzulande noch immer zu den beliebtesten Jagd- und Zielsportarten. Die Japaner haben es sogar zu einer Kunstform erhoben, denn Kyudo verlangt nicht nur Zielgenauigkeit, sondern auch

  • einen besonderen Bewegungsablauf
  • eine andersartig geformte Waffe sowie
  • eine besondere Ehrung der Tradition.

Die Grundlagen von Kyudo

Genau wie in Europa war auch in Japan der Bogen über Jahrhunderte hinweg die bestimmende Distanzwaffe. Das traditionelle Bogenschießen Kyudo wurde deshalb militärisch genutzt und war besonders ausgebildeten Kriegern vorbehalten, die eine spezielle Kleidung trugen. Diese Pflicht gilt bis zum heutigen Tag.

Im 16. Jahrhundert verdrängte die Feuerwaffe auch im Land der aufgehenden Sonne den Bogen. Kyudo wurde deshalb ein Sport, aber zugleich eine Kunstform, denn das Bogenschießen hatte in Japan einen zeremoniellen Charakter ausgeprägt. So gibt es einen speziellen Bewegungsablauf, der besonders langsam ausgeführt werden muss und der dafür garantieren soll, dass man das Ziel, das man treffen möchte, auch tatsächlich trifft.

Ein besonderer Bogen

Der Bewegungsablauf und die Kleidung, die eine bewegliche Rüstung ist, sind allerdings nicht die einzigen beiden Dinge, die einem beim Kyudo sofort ins Auge fallen.

Der Bogen ist nämlich gänzlich anders als seine europäischen Brüder und Schwestern geformt. Er ist zum einen deutlich größer als die Waffen hierzulande, zum anderen ist er asymmetrisch. So ist der obere Arm länger als der untere.

Vermutlich kamen bei den ursprünglichen Bögen Hölzer mit unterschiedlichem Gewicht zum Einsatz. Durch die asymmetrische Armlänge wurde das Gewicht ausbalanciert. Die ältere Theorie, dass die unterschiedlichen Längen zum Einsatz kamen, um das Schießen vom Pferd zu erleichtern, konnte mittlerweile widerlegt werden, da es den Bogen bereits gab, bevor die Japaner vom Pferderücken aus ihre Feinde bekämpften.

Kyudo als Sport

Kyudo fand in den 90er Jahren Einzug nach Europa und wird seitdem hierzulande immer beliebter. Mit dem Bogen müssen die Sportler ein Ziel treffen, das in 28 Metern Entfernung steht und Mato genannt wird. Es hat einen Durchmesser von 36 Zentimetern. Die Bogenstärke beträgt zwischen sieben und 26 Kilogramm.

Das Ziel befindet sich etwa 30 Zentimeter über dem Boden. Bis heute wurde so die mittelalterliche Schlacht nachempfunden, bei der die Schützen versuchten, die schlecht geschützte Unterseite ihrer Gegner zu treffen.