Betrug mit Implantaten - Prozess gegen Hannoveraner Zahnarzt wirft Licht auf illegale Praktiken

Von Dörte Rösler
21. Juli 2014

Die Staatsanwaltschaft in Hannover hat Anklage gegen einen Zahnarzt erhoben, der mehr als 100 Patienten betrogen haben soll. Der Fall könnte sich zum Skandal ausweiten. Denn er beleuchtet, wie ein geschäftstüchtiger Dentist seien Patienten überflüssige Leistungen aufdrängte, Unterschriften für teure Privatbehandlungen erschlich und systematisch Abrechnungen fälschte - ohne, dass ihm die Approbation entzogen wurde.

Schadensvolumen liegt bei schätzungsweise 400.000 Euro

In den Praxisräumen von Dr. L., einem selbsternannten Spezialisten für Zahnimplantate, herrscht noch immer Betrieb. Wenn das Gerichtsverfahren in Hannover beginnt, dürfte der umstrittene Zahnarzt jedoch kaum noch Zeit fürs Bohren haben. Allein der Medizinrechtsanwalt Marc Chérestal vertritt mehr als 50 Patienten, die sich um mehr als 120.000 Euro betrogen sehen.

Wie hoch die Betrugssumme tatsächlich ist, lässt sich schwer beziffern, da etliche Patienten die überteuerten Rechnungen nicht bezahlt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Schadensvolumen in Höhe von 400.000 Euro aus.

Unterschriften für teure Privatleistungen systematisch erst eingeholt, wenn Patienten bereits auf dem Behandlungsstuhl saßen

Das Vorgehen des Arztes schildern die Kläger weitgehend übereinstimmend. So soll Dr. L. zum Einsetzen von Implantaten geraten haben, auch wenn diese medizinisch nicht notwendig waren. Überdies soll er die Unterschriften für teure Privatleistungen systematisch erst dann eingeholt haben, wenn die Patienten bereits auf dem Behandlungsstuhl saßen. Mancher Betroffene erfuhr erst hinterher, dass er die Rechnung für seine Behandlung selbst zahlen muss.

Ein dritter Vorwurf bezieht sich auf die Abrechnungen. Bei einer Razzia im Jahr 2012 stellte die Staatsanwaltschaft etwa die Festplatte eines "Robodent" sicher. Der Zahnarzt hatte seinen Patienten die Behandlung mit diesem computergestützten Navigationssystem in Rechnung gestellt, obwohl es gar nicht zum Einsatz kam.