Allergisch auf den Zahnersatz: Auslöser, Reaktionen und Therapiemöglichkeiten

Ein zunehmendes Problem in der Zahnmedizin sind Allergien gegen Zahnersatz. Dabei reagieren die Betroffenen allergisch auf Stoffe, die in Füllungen, Kronen oder Prothesen enthalten sind. Verschiedene dentale Werkstoffe können allergische Reaktionen hervorrufen. Dazu gehören zum Beispiel Metalle und Kunststoffe. Besteht der Verdacht, dass eine Allergie gegen Zahnersatz vorliegt, lassen sich verschiedene Tests zur Abklärung durchführen. Eine Allergie zu diagnostizieren, ist allerdings recht aufwendig.

Von Jens Hirseland

Allergien sind ein weit verbreitetes Problem. Bei manchen Menschen kommt es sogar zu allergischen Reaktionen gegenüber Zahnersatz oder Zahnfüllungen.

Allergien

Spricht man von einer Allergie, ist damit eine übertriebene Abwehrreaktion des Körpers auf fremde Stoffe gemeint. Dabei kann es sich um

So reagieren manche Patienten zum Beispiel allergisch auf Metalle wie Gold oder Titan, andere wiederum auf Zemente oder Kunststoffe. Aber auch Medikamente wie Lokalanästhetika, Barbiturate, Antibiotika, Formalin sowie Hilfsmittel wie Konservierungsstoffe, Desinfektionsmittel, Abformmassen oder Latex-Handschuhe können eine Allergie hervorrufen.

Warum manche Menschen überempfindlich auf dentale Stoffe reagieren, ließ sich bislang nicht klären.

Unterschiedliche Allergieformen

Mediziner unterscheiden bei Allergien zwischen verschiedenen Formen, die sie in die Typen 1-4 einteilen.

Typ 1

Die am häufigsten vorkommende Form ist Typ 1. Dabei handelt es sich um einen Soforttyp, der sich innerhalb kurzer Zeit bemerkbar macht. Ein typisches Beispiel für eine Allergie von Typ 1 ist eine allergische Reaktion nach dem Injizieren eines lokalen Betäubungsmittels. Schon kurz nach dem Verabreichen der Spritze kommt es zu Beschwerden wie

Sogar Bewusstseinstrübungen und ein Kreislaufkollaps sind im Bereich des Möglichen.

Typ 2

Im Unterschied zu Typ 1 zeigen sich die Symptome bei Typ 2 erst nach einigen Stunden. Auslöser für die Typ-2-Allergien sind zumeist Medikamente. Deren Partikel gehen mit den Abwehrzellen des Organismus Komplexe ein, was zur Zerstörung von körpereigenen Zellen führen kann.

Typ 3

Zur Bildung von Komplexen kommt es auch bei dem Allergie-Typ 3. Da sich diese Komplexe bevorzugt in den Blutgefäßen ablagern, besteht die Gefahr einer Vaskulitis.

Typ 4

Zu den häufigsten Allergietypen, die in der Zahnmedizin auftreten, zählt Typ 4. Dabei kommt es bei den Betroffenen nach der Behandlung zu wunden Stellen im Mundraum.

Als Spättyp stuft man Allergie-Typ 4 ein. Bei dieser Form werden die Allergene unmittelbar an den Körperzellen abgesetzt. Zwar geht das Immunsystem gegen die Allergene vor, doch geraten dabei gleichzeitig auch die körpereigenen Zellen in Mitleidenschaft, was wiederum die Beschädigung des angrenzenden Gewebes zur Folge hat.

In der Regel zeigen sich die Symptome nach 12 bis 72 Stunden.

Symptome

Schätzungen zufolge leiden zwischen 15 und 20 Prozent aller Zahnarztpatienten unter einer Allergie gegen dentale Werkstoffe. Bei 5 bis 10 Prozent kommt es auch zu Kontaktekzemen. Als typische Symptome einer Allergie gegen dentale Werkstoffe gelten

  1. Schmerzen,
  2. Geschmacksveränderungen,
  3. Rötungen,
  4. Bläschenbildung sowie
  5. allgemeines Unwohlsein.

Mitunter treten auch Schwellungen im Mund, Brennen, Magen-Darm-Beschwerden oder Atemnot auf.

Auf welche Materialien eine allergische Reaktion erfolgen kann

Im Rahmen von Zahnbehandlungen kommen zahlreiche unterschiedliche Materialien zur Anwendung, die der Zahnarzt in den Mundraum einbringt. Dazu gehören vor allem

  • Gold,
  • Titan,
  • Amalgam,
  • Metalllegierungen,
  • Kunststoffe,
  • Zemente sowie
  • Kleber und
  • Abdruckmaterialien.

Für Zahnersatz greift man auf unterschiedliche Metalllegierungen zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Allergie kommt, hängt von der Mischung der Legierung und der Menge der verwendeten Materialien ab. So gelten manche Metalle als allergener als andere Materialien.

Am häufigsten werden Allergien von Stoffen wie Nickel oder Kobalt ausgelöst. Aber auch Kupfer, Gold und Silber können mitunter allergische Reaktionen zur Folge haben.

Lange Zeit als unbedenklich eingestuft wurde Titan. In den letzten Jahren kam es jedoch in zunehmendem Maße bei Patienten zu Sensibilisierungen gegen das Metall.

Denkbar ist auch eine Allergie gegen Quecksilber. In diesem Fall darf für die Zahnfüllung kein Amalgam eingesetzt werden.

Kunststoff

Ein Material, das in vielen Bereichen der Zahnmedizin eingesetzt wird, ist Kunststoff. Man verwendet es u.a. für Zahnfüllungen, Zahnprothesen oder Fissurenversiegelungen. Vom Kunststoff werden winzig kleine Monomere ausgeschieden, deren Anzahl in der Regel für eine Allergie nicht ausreicht.

Aus der Zahnfüllung können sie durch Kauen, den Speichel oder Alkohol herausgelöst werden und beim Schlucken in den Organismus gelangen. Zu allergischen Reaktionen auf Kunststoff kommt es jedoch zumeist nur bei Menschen, die schon längere Zeit in kunststoffverarbeitenden Betrieben tätig sind.

Darüber hinaus traten in der Vergangenheit auch schon Typ-1-Allergien nach der Versiegelung von Zahnfissuren auf. Dabei leiden die betroffenen Personen unter Kontaktekzemen.

Keramik

Immer häufiger greifen Zahnärzte auf Keramik als Dentalmaterial zurück. So gilt Keramik als sehr gut verträglich. Darüber hinaus weist das Material große Ähnlichkeit mit dem Zahnschmelz auf.

Ein Nachteil von Keramik sind allerdings die hohen Kosten, die nur teilweise von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Auch Zahnärzte können Allergien bekommen

Von Allergien gegen zahnmedizinische Werkstoffe sind nicht nur Patienten, sondern auch Zahnärzte und ihr Personal betroffen. Schätzungen zufolge treten bei 2 Prozent aller Zahnärzte sowie deren Mitarbeiter Allergien auf. Diese werden häufig durch Dentinadhäsive verursacht, die dazu dienen, eine Kunststofffüllung im Zahn zu befestigen.

Tests zur Diagnose und Möglichkeiten der Behandlung

Festzustellen, ob eine Allergie gegen einen dentalen Werkstoff vorliegt, erfordert einen gewissen Aufwand. So gilt es genau herauszufinden, welche Stoffe sich im Zahnmaterial befinden.

Dazu ist es nötig, dass der Zahnarzt mit Ärzten aus anderen Fachgebieten zusammenarbeitet. So müssen zum Beispiel Allergietests durchgeführt werden, für die zumeist Hautärzte zuständig sind.

Um auszuschließen, dass Bakterien für die Beschwerden ursächlich sind, kann auch die Mitarbeit eines Mikrobiologen sinnvoll sein.

Weitere Fachärzte, die zur Diagnosestellung infrage kommen, sind Internisten, Immunologen oder Psychologen. Die Fachärzte dienen dazu, die Symptome zu bestimmen. Wichtigster Ansprechpartner für den Patienten bleibt jedoch der Zahnarzt.

Zu den unterschiedlichsten Tests, die zur Diagnose einer Allergie durchgeführt werden, gehören:

Epikutantest

Liegt ein konkreter Verdacht auf eine Allergie gegen einen dentalen Werkstoff vor, findet zuerst ein Epikutantest statt. Bei diesem Verfahren bringt man die verdächtigen Stoffe auf einen bestimmten Hautbereich auf. Dabei handelt es sich zumeist um den Unterarm oder den Rücken.

Die Mundschleimhaut eignet sich dagegen nicht für einen Allergietest, da der Speichel die Substanzen rasch entfernt.

Liegt tatsächlich eine Allergie gegen einen der getesteten Stoffe vor, kommt es nach 24 bis 72 Stunden auf der behandelten Hautstelle zur Bildung von Rötungen, Pusteln oder Bläschen. Absolut zuverlässig ist der Epikutantest jedoch nicht, sodass mitunter falsche Diagnosen möglich sind.

Lymphozytentransformationstest

Zusätzlich zu einem Epikutantest besteht die Möglichkeit, einen Lymphozytentransformationstest vornehmen zu lassen. Dieser gilt als sinnvoll, wenn der Epikutantest trotz starker Beschwerden keinen eindeutigen Aufschluss über eine Allergie liefert.

Allerdings eignet sich der Test nur für Typ-4-Allergien. Ein Pluspunkt des Tests ist, dass er sich für fast sämtliche Zahnmaterialien verwenden lässt. Von Nachteil sind allerdings der damit verbundene Aufwand sowie die hohen Kosten.

Für einen Lymphozytentransformationstest wird dem Patienten eine Blutprobe entnommen, aus der man Lymphozyten sammelt. Diese vermischt man anschließend mit dem verdächtigen Allergen. Nach wenigen Stunden liegt dann das Testresultat vor.

Behandlung

Die Behandlung bei einer Allergie gegen einen dentalen Werkstoff besteht darin, die auslösende Substanz zu meiden. Das bedeutet, dass andere Materialien für eine Zahnfüllung oder Zahnersatz verwendet werden müssen.

Allerdings können alternative Materialien den Nachteil haben, dass sie weniger haltbar oder dicht genug sind, wodurch wiederum die Gefahr von Karies besteht. Außerdem kann es an den Zähnen zu Farbveränderungen kommen.

Nicht immer verbirgt sich hinter einer Unverträglichkeit auf dentales Material auch tatsächlich eine Allergie. Daher ist es wichtig, vor dem Einleiten von Gegenmaßnahmen die Allergie erst einmal konkret nachzuweisen.