Maßgefertigtes Haarteil bei teilweisem Haarverlust - Gericht verurteilt Krankenkasse zur Zahlung

Frau mit kreisrundem Haarausfall sollte sich mit Perücke als günstigere Alternative zufrieden geben

Von Cornelia Scherpe
5. Juni 2019

Künftig müssen Krankenkassen vermutlich die Kosten für medizinisch notwendige Haarteile zu 100 Prozent übernehmen. Zumindest scheint ein aktuelles Urteil vom Lan­des­sozialgericht Niedersachsen-Bremen den Weg dafür zu ebnen.

In Niedersachsen hatte eine Patientin wegen kreis­rundem Haarausfall ein maßgefertigtes Haarteil nutzen wollen. Eine Perücke war für sie aufgrund schwerer Schuppenflechte keine Option, das hatte ihr der zuständige Hautarzt mitgeteilt. Die Kosten für das Haarteil wollte die 55-Jährige bei ihrer Krankenkasse geltend machen. Vom Gesamtpreis, der sich auf 1.290 Euro belief, wollte die Kasse jedoch nur 511 Euro beisteuern. Die Krankenkasse argumentierte der Frau gegenüber mit dem Einwand, sie könne durchaus eine Perücke tragen und würde sich ohnehin vor allem in einem privaten Umfeld bewegen.

Schon teilweiser Haarverlust eine Behinderung

Damit gab die Patientin sich nicht zufrieden und klagte. Der Richter des Lan­des­sozialgerichts Niedersachsen-Bremen entschied zugunsten der Klägerin. Bereits ein teilweiser Haarverlust sei bei einer Frau aufgrund des sozialen Drucks als Behinderung einzustufen. Da der Hautarzt zudem aufgrund der Schuppenflechte von einer Perücke abgeraten habe, sei ein maßgefertigtes Haarteil medizinisch angemessen. Die Krankenkasse müsse daher für die gesamten Kosten aufkommen.

Das Urteil vom 26. März wurde vom Richter ohne Revisionsmöglichkeit ausgesprochen. Rechtskräftig ist es allerdings erst, wenn keine Beschwerde wegen der Nichtzulassung einer Revision auftritt. Diese Beschwerde kann von der Krankenkasse noch eingelegt werden. Unabhängig davon kann die richterliche Aussage allerdings wegweisend gesehen werden. Künftige Fälle dieser Art können sich daran orientieren.